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dcgk.de/de/kommission/praxis-i

Strategie: Warum die Demokratie ein Projekt2029 braucht

Belltower.News

(Quelle: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow)

Die Erfolge von Donald Trump und der AfD erfordern eine strategische, resiliente und breite Antwort der demokratischen Zivilgesellschaft. Ein „Projekt 2029“ kann Vision, Plattform und Koordination dafür liefern – als Gegenentwurf zum „Project 2025“ der Heritage Foundation – ein Plädoyer von Timo Reinfrank, Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung

Die jüngsten politischen Erfolge rechtsextremer Bewegungen in Deutschland und den USA machen deutlich: Demokratie ist kein Selbstläufer. Mit dem Wahlsieg von Donald Trump im Jahr 2024 und der anschließenden Umsetzung des autoritär-nationalistischen „Project 2025“ der Heritage Foundation geraten demokratische Institutionen weltweit unter Druck. Das sogenannte Presidential Transition Project wurde von über 350 Autor*innen aus dem Umfeld libertärer und rechtsradikaler Thinktanks verfasst und zielt auf die vollständige Umgestaltung des US-Staatsapparats im Sinne des MAGA-Lagers.

Der Plan sieht vor, die Exekutive massiv zu stärken, als „illoyal“ geltende Regierungsangestellte durch Trump-treue Kader zu ersetzen und vermeintlich „kritische Institutionen“ wie Umweltbehörde, Justiz und Bildungsministerium gezielt zu schwächen. Seit Trumps Amtsantritt wurden viele Maßnahmen – nicht zuletzt dank Elon Musk – schneller als erwartet umgesetzt: Führungspositionen gingen an zentrale Figuren des Projekts – Klimawandel-Leugner*innen und christliche Nationalist*innen. Auch wenn rechtlich vieles noch angefochten wird, sind zahlreiche Behörden faktisch bereits arbeitsunfähig gemacht worden. Die Machtstrategie zielt auf totale Loyalität: Wer sich nicht unterwirft, wird öffentlich bloßgestellt, wirtschaftlich unter Druck gesetzt und aus dem politischen Raum gedrängt.

Die AfD und ihre völkischen Bestrebungen

Auch in Deutschland gewinnen völkisch-autoritäre Kräfte an Einfluss. Bei den Bundestagswahlen 2025 konnte die AfD ihren Stimmenanteil verdoppeln und zog als zweitstärkste Kraft in den Bundestag ein. Obwohl die Partei bislang keine ähnlich ausgearbeiteten Strategiepapiere wie die Heritage Foundation vorlegt, sprechen ihre Rhetorik, Framing und parlamentarische Praxis eine klare Sprache: Die Partei will das parlamentarische System delegitimieren und autoritär umbauen.

Die diffamierende Ausgrenzung politischer Gegner*innen als „Volksverräter“, die Verharmlosung der NS-Zeit sowie die Nähe zu verschwörungsideologischen Netzwerken sind keine Ausrutscher, sondern strategische Werkzeuge. Ziel der AfD ist nicht die Mitgestaltung, sondern die Ersetzung der Demokratie durch ein autoritäres Regime. Für die Rechtsextremen dient Russland dabei als ideologisches Vorbild eines autoritär geführten Nationalstaats, der „traditionelle Werte“ verteidigt, liberale Institutionen schwächt und als Gegengewicht zu westlicher Demokratie und transatlantischer Ordnung inszeniert wird. Rechtsextreme Akteur*innen aus Europa wie die Fratelli d’Italia oder der Rassemblement National, die auf bürgerliche Normalisierung und NATO-Treue setzen, verlieren im AfD-Milieu zunehmend an Attraktivität.

Projekt 2029: Eine zivilgesellschaftliche Antwort

Ein „Projekt 2029“ aus Perspektive der deutschen Zivilgesellschaft kann mehr sein als eine Reaktion – es ist ein notwendiger Schritt hin zu einer proaktiven demokratischen Erneuerung. Während autoritäre und rechtsextreme Kräfte gezielt an einem Staatsumbau arbeiten, braucht es auf Seiten der Demokratie langfristige Strategien, klare Leitbilder und gemeinsame Visionen.

Ein solches Projekt könnte die Vielfalt demokratischer Akteur*innen bündeln, eine positive Erzählung von Zusammenhalt stärken und Allianzen gegen autoritäre Entwicklungen fördern. Entscheidend ist, dass ein „Projekt 2029“ nicht nur als Abwehrstrategie gedacht wird, sondern als konstruktiver Entwurf für ein pragmatisches und widerstandsfähiges Gemeinwesen – getragen von einer breiten zivilgesellschaftlichen und parteipolitischen Allianz, um gemeinsam demokratische Antworten auf die drängendsten Probleme vor Ort zu finden.

Demokratische Resilienz gegen autoritäre Verschiebungen

Deutschland erlebt seit Jahren eine rechtsautoritäre Verschiebung des politischen Diskurses: Begriffe wie „Remigration“, die einst klar rechtsextrem konnotiert waren, werden heute öffentlich als migrationspolitische Position diskutiert, Schutzmaßnahmen für Minderheiten gelten in rechtsextremen Narrativen als „Umerziehung“, Medien und Justiz werden systematisch delegitimiert.

Diese Entwicklung untergräbt das Vertrauen in demokratische Institutionen und treibt die gesellschaftliche Polarisierung voran. Die Antwort darauf muss eine systematische Stärkung demokratischer Resilienz sein – durch politische Bildung, durch tragfähige demokratische Infrastruktur, durch Schutzräume für Engagierte und durch eine klare Rückendeckung aus Politik und Gesellschaft.

Resilienz bedeutet aber auch: die Verwaltung zu stärken, ihre Unabhängigkeit zu sichern und sie konsequent an Recht und Grundgesetz zu binden. Es braucht Reformen, die zentrale demokratische Institutionen – etwa Verfassungsgerichte, Wahlaufsicht oder Polizei- und Verwaltungsspitzen – aus dem parteipolitischen Tageskampf heraushalten und sie stattdessen an überparteiliche Normen und rechtsstaatliche Mindeststandards binden. Denn nur, wenn das Fundament stabil bleibt, kann die Demokratie auch in Krisen bestehen.

Demokratie modernisieren – neue Bündnisse schaffen

Ein Projekt 2029 darf sich nicht mit Verteidigung zufriedengeben – es muss Räume für demokratische Erneuerung eröffnen. Demokratie muss nahbarer, beteiligungsorientierter und zukunftsfähiger werden. Wie können neue Mitwirkungsformate, digitale Werkzeuge und kreative politische Bildung demokratische Räume öffnen? Wie lassen sich strukturell vernachlässigte Gruppen und Räume – junge Menschen, migrantische Communitys, ländliche Regionen – langfristig einbinden und stärken?

Zentral ist dabei die Frage, wer strategisch vermittelt: Zwischen NGOs, Wissenschaft, Kommunalpolitik, Medien und Parteien braucht es neue Knotenpunkte, mutige Brückenbauer*innen und koordinierte Allianzen. Demokratie ist nicht nur ein Regelwerk – sie muss ein gesellschaftliches Versprechen sein: auf Zugehörigkeit, Sicherheit und Mitgestaltung. Das erfordert klare Sprache – und verbindendes Handeln.

Demokratische Erneuerung braucht die gesellschaftliche Mitte

Ein Projekt 2029 wird nur dann erfolgreich sein, wenn es über die klassischen zivilgesellschaftlichen Milieus hinausreicht. Auch konservative, bürgerliche und liberale Stimmen müssen aktiv einbezogen werden. Viele Menschen aus diesen Spektren teilen Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit, Verantwortung, Gemeinsinn und Anstand – und lehnen die Radikalisierung durch rechtsextreme Akteur*innen entschieden ab.

Damit diese Gruppen sich beteiligen, braucht es Formate, die nicht moralisieren, sondern zuhören. Es braucht Räume der Verständigung, Institutionen des Vertrauens und Strategien, die Polarisierung vermeiden, ohne an Klarheit zu verlieren. Demokratie verteidigt man nicht nur gegen ihre Feind*innen – sondern gemeinsam mit denen, die sie manchmal still, aber entschlossen tragen.

Strategisch. Realistisch. Widerständig.

Autoritäre Projekte gewinnen nicht allein durch Stärke – sondern durch strategische Leerstelle auf Seiten der Demokrat*innen. Ein „Projekt 2029“ kann genau diese Lücke füllen: als Plattform für gemeinsame Ziele, als Ort für neue Allianzen, als Motor für gesellschaftliche Resilienz.

Es ist Zeit, die Verteidigung der Demokratie nicht nur als Pflicht, sondern als gemeinsame Zukunftsaufgabe der Demokrat*innen zu begreifen.

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Trotz massiver #aufrüstung bleibt Deutschlands Verteidigungsfähigkeit fraglich. Experten warnen vor blindem Vertrauen in militärische Maßnahmen und fordern eine umfassende Bedrohungsanalyse sowie Dialog und Diplomatie. Bürokratische Hürden und Investitionsstaus verlangsamen die Umsetzung. Die Abhängigkeit von der #Rüstungsindustrie und ineffiziente Strukturen erschweren die Lage. Ohne eine ausgewogene #Strategie bleibt die #Verteidigungsfähigkeit eine Illusion. #politik

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Angstforscherin: „In der Politik gibt es oft die Strategie, Ängste zu schüren“

Dieser Artikel stammt von Netzpolitik.org.

Angstforscherin„In der Politik gibt es oft die Strategie, Ängste zu schüren“

Überwachungsgesetze und -projekte werden zur Zeit meist mit der Angst vor ausländischen Attentätern begründet. Die Philosophin Bärbel Frischmann erklärt, wie ein Gefühl zum Machtinstrument wird.


08.04.2025 um 14:25 Uhr
Martin Schwarzbeck – in Demokratiekeine Ergänzungen Philosophin Bärbel Frischmann: „Es geht darum, die Kontrolle zu behalten.“ – Alle Rechte vorbehalten Porträt: privat, Kameras: unsplash.com / Jürgen Jester, Collage: netzpolitik.org

2024 wurden in Deutschland 17 Menschen bei Terroranschlägen getötet. Im gleichen Zeitraum starben 2.780 bei Unfällen im Straßenverkehr. Trotzdem werden die möglichen Maßnahmen gegen Attentäter viel heißer diskutiert als die gegen Autofahrer*innen. Was ist da los?

Bärbel Frischmann, Professorin für Geschichte der Philosophie an der Universität Erfurt, hat 2023 das Buch „Angstwesen Mensch“ veröffentlicht. Mit netzpolitik.org spricht sie über Angst und wie diese mit Überwachung und Herrschaft zusammenhängt. Sie erklärt, warum Politik und Medien Ängste schüren und plädiert dafür, diese einfach mal auszuhalten.

netzpolitik.org: Frau Frischmann, was ist Angst?

Bärbel Frischmann: Anders als man denkt, ist Angst nicht die Reaktion auf eine konkrete Bedrohung. Wenn ich eine Schlange sehe und zurückschrecke, wird dies als Furcht bezeichnet. Ängste hingegen sind Projektionen, die wir selbst erzeugen. Sie helfen, Gefahren zu antizipieren. Aber sie können auch ein Eigenleben entwickeln.

Angst und Überwachung

netzpolitik.org: In der letzten Zeit gab es in Deutschland einige sogenannte Attentate. Der gesellschaftliche und politische Reflex dazu scheint zu sein: Wir brauchen mehr Überwachung. Ist das eine Angstreaktion?

Bärbel Frischmann: Dass Menschen sich sicher fühlen wollen, das gehört ja zum Menschsein dazu. Unsere Wohnungen haben Türen mit Schlössern. Das heißt, wir misstrauen unseren Mitmenschen auf eine gewisse Weise. Viele Menschen haben an ihren Häusern sogar Überwachungskameras, weil sie sich absichern wollen. Es geht darum, die Kontrolle zu behalten. Es gibt auch eine Grundverängstigung dahingehend, dass viele Menschen erwarten, dass es uns mal schlechter gehen könnte. Und die Menschen sind durch diese Diskussionen über Migration, die medial so im Fokus stehen, schon getriggert. Da fallen dann zum Beispiel Terroranschläge auf fruchtbaren Boden. Es schichten sich verschiedene angstmachende Aspekte übereinander, die dann die Wahrnehmung dieser einzelnen Akte überhöhen.

netzpolitik.org: An der Überwachungskamera zeigt sich die Absurdität des Unterfangens. Die verhindert ja keine Straftaten. Wenn jemand davon überzeugt ist, dass er in ihr Haus eindringen möchte, um sie umzubringen, dann wird eine Kamera diesen Menschen nicht aufhalten. Ist die Kamera also eigentlich nur ein Fetisch?

Bärbel Frischmann: Ja, auf eine gewisse Weise schon. Da laufen widersprüchliche Vorgänge ab. Wir wollen uns schützen und wünschen uns Polizei und funktionierende Systeme, auf der anderen Seite wissen wir auch um den Wert der Freiheitsrechte und des Datenschutzes. Und je nachdem, wie Gesellschaften verfasst sind, pendelt es in die eine oder in die andere Richtung. Auch je nachdem, wie stark die Menschen Bedrohungsängste haben. Da sind wir dann beim Thema Terrorismus, Ausländerfeindlichkeit und so weiter.

netzpolitik.org: Inwiefern spielt die Politik eine Rolle dabei, dass ausländische Attentäter gerade als so große Gefahr gesehen werden?

Bärbel Frischmann: In der Politik gibt es oft die Strategie, Ängste zu schüren. In der Corona-Zeit beispielsweise war der politische Diskurs sehr stark darauf orientiert, den Menschen Ängste zu machen, damit sie sich impfen lassen, damit sie das ernst nehmen und so weiter. Angst wird als Machtmittel eingesetzt, um etwas durchzusetzen. Auf der anderen Seite ist Politik auch daran interessiert, Ängste zu mindern, damit keine hysterischen Szenarien entstehen.

Instrumentalisierung von Angst

netzpolitik.org: Wir haben es also mit einer Instrumentalisierung von Angst zu tun?

Bärbel Frischmann: Ängste können immer instrumentalisiert werden. Nicht nur politisch, auch religiös. Im Alten Testament gibt es einen strafenden Gott, vor dem man Angst haben sollte. Auch da wird Angst eingesetzt, um Menschen zu manipulieren und sie unter Kontrolle zu halten. Herrschaft braucht Stabilisatoren. Sie muss dafür Machtmittel einsetzen. Und natürlich werden auch psychische Instrumentarien eingesetzt, um die Bürgerinnen und Bürger für das eigene Herrschaftssystem zu gewinnen, oder zumindest daran zu hindern, das politische System anzugreifen.

Wenn ich meine Herrschaft festigen will, erzeuge ich Angst davor, sich gegen das System zu stellen, durch Gewaltmittel, durch eine starke Polizei, durch Terror, durch Gefängnisse und so weiter. Oder ich schüre Ängste vor der Verschlechterung der Lebenssituation. Wenn wir uns nicht verteidigen können, wird es schlechter. Wenn wir nichts für den Klimaschutz tun, wird es schlechter. Wenn wir nicht genug Kindergeld zahlen, wird es schlechter. Da werden oft Ängste bedient.

netzpolitik.org: Ich sehe da einen Kreislauf. Herrschaft entsteht aus Angst und schafft Angst.

Bärbel Frischmann: Genau. In die politischen Ämter werden die Menschen gespült, die am besten auf die Ängste der Menschen reagieren oder die am besten passenden Versprechen abgeben. Sie speisen sich aus den Ängsten und nähren Ängste. Andererseits wollen sie auch Ängste nehmen. Sonst würden sie ja ihre Anhänger nicht halten können.

netzpolitik.org: Warum lassen sich Menschen mit Angst so gut lenken?

Bärbel Frischmann: Das hängt damit zusammen, dass Angst ein so fundamentales Gefühl ist. Die Ängste sollen uns ja helfen, uns auf Gefahren vorzubereiten und prognostisch zu denken, im Sinne von Risikoabwägung, Gefahrenabwehr und so weiter. Und deshalb sind wir anfällig dafür, auf diesen Angstzug aufzuspringen.

Kameras schüren Ängste

netzpolitik.org: Gegen die Angst wird in Deutschland ja derzeit sehr häufig Überwachung verschrieben.

Bärbel Frischmann: Terroristische Bestrebungen werden durch keine Art von Vorkehrung außer Kraft gesetzt werden können. Gegen Einzeltäter, die bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, kann man sich nicht wirklich schützen. Aber bei der Verfolgung von Gewaltdelikten können Kameras zum Beispiel durchaus zur Aufklärung beitragen. Allerdings können sich Menschen durch sie auch beobachtet und ausspioniert fühlen, was ja ebenfalls Ängste schürt.

netzpolitik.org: Wenn psychisch kranke Einzeltäter Attentate begehen, wäre die sinnvollere Reaktion doch eigentlich, das Hilfesystem für Menschen in psychischen Ausnahmesituationen zu stärken, oder?

Bärbel Frischmann: Das ist ein Punkt, den man dann gut einfordern kann und im Auge haben muss. Das sehe ich auch so. Auf jeden Fall.

netzpolitik.org: In Hessen darf die Polizei seit vergangenem Jahr auch sogenannte Angsträume überwachen. Was ein Angstraum ist, bestimmt nicht die Evidenz von Kriminalität, sondern es wird von der Polizei freihändig festgelegt. Sehen Sie ein Risiko darin, wenn Institutionen mutmaßen, wo wir Angst haben?

Bärbel Frischmann: Das ist problematisch. Vermutlich ist es eine Reaktion darauf, dass sich die Gefahrenwahrnehmung verschiebt. Ein Versuch, dem etwas entgegenzusetzen.

Die Rolle der Medien

netzpolitik.org: Haben Menschen heutzutage mehr Angst?

Bärbel Frischmann: Es gibt eine Studie der R+V Versicherung, die seit 1992 die Ängste in Deutschland untersucht. Dort sieht man oft Reaktionen auf Geschehnisse: Gab es einen Terroranschlag, geht die Terrorangst nach oben, gibt es eine Finanzkrise, haben die Menschen mehr Angst vor ökonomischen Verlusten oder Arbeitslosigkeit. Aber die Gesamt-Verängstigung ist relativ konstant.

netzpolitik.org: Welche Rolle spielen dabei die Medien?

Bärbel Frischmann: Medien verstärken das, was stattfindet. Sie geben den Menschen natürlich auch die Interpretationsfolien mit. Nehmen wir mal das Thema Ukraine-Krieg, und das, was jetzt diskutiert wird im Sinne von Aufrüstung, Kriegstauglichkeit, Wehrdienst. Und je nachdem, ob die Medien das kritisch kommentieren oder ob sie es affirmativ begleiten, formt das natürlich auch die Meinungsbildung, die Gedanken der Menschen und damit auch ihre Ängste.

Die große Unsicherheit

netzpolitik.org: Machen uns die Medien heute mehr Angst als früher?

Bärbel Frischmann: Medien leben davon, dass sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Medien, die nicht wahrgenommen werden, verschwinden. Und weil die Ängste etwas Tiefsitzendes sind, sind Menschen natürlich darüber ansprechbar. Das ist ein unglückliches Zusammenwirken, das für die Gesellschaften eher ungut ist. Es hilft niemandem, außer dass es Klicks produziert.

Ein anderer Grund, warum heutzutage so viele Ängste so präsent sind, ist das, was wir die Moderne nennen. Unsere Lebenskontexte sind voller Freiheiten und Offenheit. Die politischen Konstellationen verändern sich mit jeder Wahl. Wir haben immer schneller wachsende Wissensbestände. Es wird eine berufliche Flexibilität gefordert. Wir haben enorm große Gefahrenpotenziale, noch nie zuvor war die Menschheit in der Lage, sich selbst auszulöschen. All so etwas ist der Nährboden dafür, dass Menschen sich haltlos fühlen und mehr Ängste entwickeln.

netzpolitik.org: Sind Ängste eigentlich ansteckend?

Bärbel Frischmann: In gewisser Weise. Das funktioniert darüber, dass wir ja gemeinsame Lebenskontexte teilen. Die Ängste beziehen sich ja auf unser Leben in der Welt und dieses Leben teilen wir mit anderen. Zudem können Ängste bewusst erzeugt werden durch bestimmte Einflussnahmen, durch bestimmte Arten, wie Informationen gegeben werden. Über Soziale Medien und besonders Fake-News werden oft Ängste weitergegeben.

netzpolitik.org: Gibt es im Umgang mit Angst eine Tendenz zur Überreaktion?

Bärbel Frischmann: Angst kann den Psycho-Haushalt außer Kontrolle geraten lassen, weil unsere Psyche ein hochdynamischer und hochformbarer und auch beeinflussbarer Zusammenhang ist. Wir können nur versuchen, uns zu disziplinieren und uns immer wieder vor Augen zu führen: Wie denke ich gerade? Wie fühle ich gerade? Ist das angemessen? So lässt sich eine gewisse Grundstabilität herstellen.

Vorsicht mit den Grundrechten

netzpolitik.org: Auch die staatliche Reaktion auf die vergangenen Anschläge wirkt überdimensioniert. Biometrische Fernidentifikation, Grenzkontrollen, anlasslose Durchsuchungen. Wie bewerten Sie das?

Bärbel Frischmann: Hier will man der Bevölkerung signalisieren: Wir haben Probleme erkannt, wir sichern jetzt den öffentlichen Raum besser ab.

netzpolitik.org: Aber wir haben ja weltweit ein Erstarken rechtsradikaler Tendenzen. Ist das nicht eine Zeit, wo man besonders vorsichtig mit den Grundrechten umgehen sollte?

Bärbel Frischmann: Ja, auf jeden Fall. Deshalb muss man jedes Gesetz, das man verabschiedet, genau daraufhin prüfen, was es gegebenenfalls in den falschen Händen tun könnte. Vor allem mit Blick darauf, dass es auch mal unter anderen politischen Vorzeichen in der Welt sein kann. Ich weiß nicht, ob man da weit genug denkt.

netzpolitik.org: Sie schreiben in ihrem Buch, Angst sei ein Symptom der Unkontrollierbarkeit der Zukunft. Die wird ja immer unkontrollierbar bleiben. Sollten wir also die Angst vielleicht öfter einfach mal aushalten, anstatt immer gleich darauf zu reagieren?

Bärbel Frischmann: Ja. Wir müssen lernen, die Angst anzunehmen. Sie ist etwas Gutes. Sie unterstützt uns dabei, unser Leben einzuordnen und zu verstehen. Wir sollten sie zulassen, wir müssen lernen, sie zu integrieren, und wir müssen auch lernen, Strategien zu entwickeln, wie wir da, wo die Gefühle vielleicht etwas stark auftreten, sie wieder ins Gleichgewicht bringen. Die einen meditieren, die anderen machen Yoga oder treiben Sport oder schließen sich Gesprächsgruppen an. Es gibt ganz, ganz viele Dinge, die man tun kann, um genau das zu bewirken.

Angst aushalten

netzpolitik.org: Man kann nicht alle Gefahren beseitigen, es geht auch darum, einfach Ängste mal auszuhalten. Wäre das etwas, das man auch der Politik mitgeben sollte?

Bärbel Frischmann: Es geht darum, den Menschen etwas zuzumuten. Freiheit heißt ja auch Verantwortung, also Verantwortung fürs eigene Leben zu übernehmen. Dafür muss ich resilient sein. Ich muss in der Lage sein, ein widerstandsfähiges Persönlichkeitsprofil aufzubauen. Und dabei kann man Menschen unterstützen. Das wäre eine Aufgabe von Politik, Menschen dazu zu ermutigen, ihre individuelle Freiheit zu leben und die Verantwortlichkeit für das eigene Leben zu stärken.

netzpolitik.org: Warum haben wir eigentlich gerade vor ausländischen Attentätern so viel Angst? Autos sind ja zum Beispiel viel gefährlicher, aber gegen die gibt es keine Maßnahmen.

Bärbel Frischmann: Noch gefährlicher ist Hausarbeit. Bei Verkehrsunfällen sterben rund 3.000 Menschen im Jahr, bei Haushaltsunfällen sind es über 10.000. Und trotzdem hat kaum jemand Angst vorm Fensterputzen. Das hat auch was mit den Medien zu tun. Die Verkehrs- und Haushaltstoten sind zu banal für die Berichterstattung. Stattdessen werden die wenigen Amoktaten, die es gibt, total überhöht, sie beherrschen alle Medien mehrere Tage lang. Statistisch gesehen, ist die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland Opfer eines Terroranschlages zu werden extrem niedrig.

netzpolitik.org: Der Horrorautor Stephen King sagt, Angst haben wir immer vor dem Unbekannten.

Bärbel Frischmann: Die Fremdenangst, die Menschen aus dem Ausland trifft, ist anthropologisch zutiefst im Menschen angelegt. Stellen wir uns eine Urgemeinschaft vor: Wenn Menschen, die sich nicht kennen, einander begegnen, können zwei Dinge passieren: Sie kooperieren oder sie führen Krieg. Beides ist möglich und das Ergebnis ist offen. Von daher ist es vernünftig und rational und klug, Ängste vor dem Fremden zu haben, weil uns die Ängste ja warnen.

Aber heute leben wir in offenen, vielschichtigen, multikulturellen Gesellschaften und müssen lernen, mit dem Fremdsein umzugehen. In Großstädten, in denen wir die meisten Menschen nicht kennen und nicht einschätzen können, kann das zu einem latenten Dauerstress führen. Menschen in einer Dorfgemeinschaft, die ihre Nachbarn gut kennen, entwickeln ebenso Ängste, wenn dort eine Asylunterkunft entsteht und ihnen die neuen Menschen fremd sind.

Wovor wir Angst haben sollten

netzpolitik.org: Mit dem Klimawandel gibt es eine Entwicklung, die uns wirklich Angst machen sollte. Allerdings zeigen sich sehr viele Menschen völlig unbeeindruckt davon. Woher kommt dieser Widerspruch?

Bärbel Frischmann: Eigentlich geht es uns noch gut. Wir haben ab und zu mal eine Flut und manchmal ist es in einigen Regionen zu trocken. Aber die Menschen in unserem Land haben noch keinen Leidensdruck. Und deshalb schieben wir das Problem vor uns her. Der Philosoph Günther Anders hat in den 1950er Jahren angesichts der atomaren Bedrohung gemahnt, dass die Menschen angstbereit sein sollten, damit sie mental gewappnet sind, sich mit den enormen Gefahren auseinanderzusetzen. Das ist auch heute vonnöten.

netzpolitik.org: Was ist Ihre größte Angst?

Bärbel Frischmann: Freiheitsverlust. Dass sich die Gesellschaften dahin entwickeln, dass individuelle Freiheiten zurückgefahren werden, die Freiheiten der Lebensgestaltung, die auch etwas mit Wohlstand zu tun haben. Es geht darum, auch mit Blick auf den Klimawandel, unsere Welt so zu erhalten, dass wir vielfältig tätig sein können. Freiheit ist das Wichtigste.

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Author: Martin Schwarzbeck

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